Bewegungstraining aus dem CD-Player

30-12-2014. In der Sporthalle des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörungen / Parkinson in Beelitz-Heilstätten sitzen 12 Patienten in einem Stuhlkreis. Auf einmal ertönt das Kommando „Arme strecken – beugen, strecken – beugen!“ Langsam bewegen alle gleichzeitig ihre Arme in einer großen ausladenden Bewegung hinter den Rücken und wieder nach vorn. Eine fröhliche Musik spielt dazu. Es klingt peppig, nach Diskomusik, aber man erkennt das Lied Muss i denn zum Städtele hinaus. Einige singen zur Bewegung. Dabei verschmelzen Bewegungen und Musik, fast wie beim Ballett. Das Tempo wird schneller, die Musik wird rhythmischer und lauter. Bald bewegen sich die Teilnehmer viel schneller als zu Beginn. Alle strengen sich jetzt an, versuchen das schnelle Tempo zu halten. Mit einem Mal ist Schluss und die Stimme ruft erneut: „Uuund ausschütteln!“ Eine rhythmisch-plätschernde „Schüttelmusik“ begleitet das Auslockern der Arme. Man hört kräftiges Durchschnaufen. 

Bei der Behandlung der Parkinsonerkrankung spielen von Anfang an aktivierende Therapien für den Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit eine große Rolle. Viele Anwendungen lassen sich effektiv im Eigentraining durchführen. Die Betroffenen fahren Fahrrad, Schwimmen, Joggen, betreiben Nordic Walking oder machen einen Tanzkurs. Dabei kommt es ganz allgemein darauf an, sich möglichst täglich körperlich zu betätigen. Dies mildert die Symptome und kann den Verlauf der Erkrankung verlangsamen. 

In der Parkinson-Fachklinik in Beelitz-Heilstätten wurde jetzt ein Programm für das Heimeigentraining entwickelt. In der Zusammenarbeit von Physio- und Musiktherapeuten entstand ein einzigartiges Bewegungstraining mit funktionaler Trainingsmusik: die Beelitzer Musikgymnastik. Das Besondere daran ist eine spezielle Musik. Melodie, Rhythmus, Harmonie – alles wurde so gestaltet, dass jede Bewegung genau hörbar ist. 

Die Anregung dafür entstammt dem Konzept der Neurologischen Musiktherapie – eine standardisierte wissenschaftliche Methodik aus den USA. Die Musik gibt das Tempo vor und markiert präzise den Krafteinsatz in der Bewegung.

Schon länger ist bekannt, welche bedeutende Rolle Musik für viele Menschen mit Parkinson spielt. Schon das Hören von lauter und rhythmischer Musik führt zu einer messbaren Verbesserung der Beweglichkeit. Dabei wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet. Die Beweglichkeit verbessert sich – nur durch Hören! Viele Parkinsonpatienten kennen dies aus eigenem Erleben.

Diese Effekte nutzt man für therapeutische Anwendungen wie Tanztherapie oder musikgestütztes Gangtraining. Das Besondere an der Beelitzer Musikgymnastik: sie lässt sich selbstständig zuhause und im Sitzen durchführen. Alles was man braucht, ist ein CD-spieler. Die Übungen sind so gestaltet, dass alle wichtigen Körperpartien einbezogen werden – die Füße, die Beine, der Rumpf, die Arme.

Um das Programm selbstständig zuhause anwenden zu können, gibt es ein bebildertes Heft, in dem alle Übungen genau erklärt werden. So können die Betroffenen auch im häuslichen Umfeld aktiv und mobil bleiben. Die Musik vermittelt dabei ein lang vermisstes Gefühl: Freude an Bewegung.

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